Veröffentlicht am: 25.06.2024|Kategorien: Kinder und Jugend|

Wenn Jugendliche über neue Gehwege bestimmen

Landkreis ruft Bauämter und Jugendbüros an einen Tisch, um mehr Jugendbeteiligung in kommunalen Planungsprozessen anzustoßen

Bauabteilung und Jugendarbeit, passt das zusammen? Kreisjugendpflegerin Selena Peter findet: „Unbedingt! Denn wenn eine Kommune baut, betrifft das immer auch das Lebensumfeld von Jugendlichen, die in dieser Stadt oder Gemeinde leben. Daher sollten auch sie schon bei der Planung und bei Fragen der Stadtentwicklung nach ihrer Meinung gefragt und bei Entscheidungen beteiligt werden.“

Allerdings gibt die junge Frau zu, dass solche Beteiligungsprozesse für beide Seiten oft noch Neuland seien und deswegen moderierende Hilfe nötig sei. Aus diesem Grund hat der Landkreis Gießen kürzlich eine Fortbildung organisiert, zu der sowohl Mitarbeitende der Bauämter als auch der Jugendpflegen bzw. -büros der Städte und Gemeinden im Landkreis Gießen eingeladen waren. Das Seminar fand im Zusammenhang der Initiative „Jugendgerechte Städte und Gemeinden – jugendgerechter Landkreis Gießen“ der Jugendförderung statt.

Moderne Jugendpolitik bindet Jugendliche in allen gesellschaftlichen Entscheidungen ein

Kreis-Jugenddezernent Frank Ide beschreibt seine Erfahrungen als ehemaliger Bürgermeister: „In der Vergangenheit war man der Überzeugung, es reiche, wenn eine Kommune lediglich spezielle Angebote für Kinder- und Jugendliche entwickelt. So zum Beispiel Ferienspiele, Jugendgruppenbetreuung oder die Bereitstellung von Jugendräumen. Allerdings gehört zu einer modernen Jugend- und Familienpolitik, Jugendliche schon früh eigenverantwortlich einzubinden – und zwar in all das, was in einer Gesellschaft von Belang ist.“

Aufgeschlossene Jugendarbeit begegne den demografischen Veränderungen, indem Mädchen und Jungen gestärkt werden, sich selbst einzubringen und ihre Umwelt aktiv mitzugestalten, erläutert Ide. So läge beispielsweise die Gestaltung von Verkehrswegen oder öffentlichen Räumen im Interesse der Jugendlichen. Denn ihre Struktur sei dafür ausschlaggebend, wie sie sich in ihrem Lebensraum fühlen und bewegen.

Die Beteiligung von Jugendlichen sei sogar in der UN-Kinder- und Jugendrechtskonvention sowie der Hessischen Gemeindeordnung gesetzlich verankert. „Höchste Zeit also, auch bei planerischen Vorhaben, die Erwachsenen von morgen zu beteiligen. Denn schließlich sind sie es, die mit den heute umgesetzten Veränderungen in den Städten noch lange leben werden“, sagte er.

Ziel des Kennenlernens: Rathaus-Leute an einen Tisch bringen und erste Ideen für Projektbeteiligung entwickeln

Ziel der Auftaktveranstaltung war ein erstes Treffen zwischen Jugendbüro- und Bauamtsmitarbeitenden, bei dem zunächst ein erster Überblick über das komplexe Themenfeld gegeben wurde, erklärt Selena Peter im Nachgang.

18 Teilnehmende, Fachexperten aus verschiedenen Bereichen, darunter auch eine Koordinatorin für Bürgerbeteiligung sowie eine Fachdienstleiterin ‚Kindertagesstätten und Jugendarbeit‘ nahmen neue Perspektiven ein, um zu erfahren, wie bei örtlichen Planungsprozessen Gestaltungsmöglichkeiten für Jugendliche selbstverständlich werden können.

Schwierige Aufgabe: Kommunikation zwischen allen Beteiligten, weil unterschiedliche Ansprachen genutzt werden

„Eine der Hauptaufgaben dabei scheint die Kommunikation zu sein. Denn die Sprache der Jugend ist nun mal eine andere als die der Verwaltung. Hinzu kommen unterschiedliche Kommunikationswege und Medienvorlieben“, fasst Selena Peter einen Aspekt der Diskussion heraus.

Angestoßen wurde der Diskurs von den Vortragenden Hannah Abels als Bildungsreferentin bei Makista e.V. und Andrea Soboth vom Institut für Regionalmanagement am Standort Gießen. Im anschließenden Transfer wurden Good-Practice-Beispiele aus der Region genauer angeschaut.

So zum Beispiel die Entwicklung einer Jugendfreizeitfläche in Langgöns, bei dem in einer Jugend-Planungswerkstatt die Zielgruppe, also Jugendliche, drei Planungsvisionen nach eigenen Ideen erstellt haben. Zudem lohnt der Blick über die Kreisgrenzen hinaus, denn in Butzbach wurden jungen Menschen jüngst bei gleich vier Projekten beteiligt. So entwickelt die Stadt Butzbach nicht nur ein kindgerechtes Leitbild, sondern bezieht unter dem Motto „Wir sind die Experten für Zukunftsfragen“ die Jugend bei Fragen zur Stadtplanung mit ein.

Bei einem Workshop konnten sich die unterschiedlichen Rathaus-Kolleginnen und -Kollegen intensiv austauschen und so entstanden auch schon erste gemeinsame Ideen – mitunter sogar mit Blick auf ein konkretes Projekt, das demnächst ansteht.

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